Der autofiktionale Film "This Is the End" ist aufgebaut wie ein Film-Tagebuch. Er verstrickt Alltag und Intimes mit der Auseinandersetzung mit dem Zustand der Welt. Vincent Dieutre und ein früherer Liebhaber haben sich per Zufall über Facebook wiedergefunden. 40 Jahre nach ihrer flüchtigen Begegnung 1981 in einer New Yorker Schwulenbar ist die Erinnerung aneinander zwar weitgehend verblasst, aber Dieutre beschließt, den in Los Angeles lebenden pensionierten Psychoanalytiker aufzusuchen, der Entfernung und Corona zum Trotz. Das Los Angeles, das Dieutre vorfindet - nach dem 11. September, der Immobilienkrise, Trump und den Megabränden - hat nicht mehr viel mit den USA zu tun, die er einst so inspirierend fand. Die "No Future"-Einstellung seiner Jugend scheint sich in dieser Stadt mitten im Corona-Lockdown radikal konkretisiert zu haben. L.A. ist wie ausgestorben, das Leben eine Endlosschleife in Erwartung der Katastrophe. Gleichzeitig erobert sich die Natur die Geisterstadt zurück: Bougainvillea-Bäume wuchern auf Garagendächern, Klapperschlangen hausen in brachliegenden Grünflächen, Schwimmbädern und Mülleimern, die Wüste gewinnt an Boden, verwilderte Grundstücke werden vom Feuer bedroht. Bei den Autofahrten der beiden Männer quer durch die Stadt, von den Stränden in Venice bis zum sozialen Brennpunkt South Central, entsteht ein vielschichtiges Roadmovie. Gleichzeitig versuchen die einstigen Liebhaber wieder zueinanderzufinden, mit ihren gealterten Körpern und ohne viele Worte. In Beverly Hills wie in Los Feliz gibt es zwar fast nur private und geschlossene Wohnanlagen, aber in einem kleinen stillgelegten Theater im Viertel der früheren Hollywoodstudios werden heimliche Poetry-Slams organisiert. Dort finden die beiden Männer auf der Suche nach Sinn einen Zufluchtsort. Eine besondere Bedeutung kommt auch der Klangwelt des Films zu: Sie setzt sich zusammen aus der Musik, die aus den Autos auf den Freeways ertönt, dem Lärm der Überwachungshubschrauber über der Stadt, dem Off-Kommentar des Autors, der Stimme der performenden Poeten und Wortfetzen der wiedervereinten Liebhaber. Aus den Geräuschen der Stadt entsteht die Musik des Erlebten; Ambiente und Drehbuchdialog fließen ineinander. Jeder in L. A. weiß, dass die Welt bereits zugrunde gegangen ist, aber nur die letzten freien und demokratischen Stimmen der Poesie scheinen dies begreiflich machen zu können.